Meine Hall of Fame der Kinderwunschsätze
Was man lieber nicht sagen sollte und was stattdessen hilft
„Stress dich nicht so!“ – „Du musst einfach an was anderes denken, dann klappt’s ganz schnell!“ – „Habt ihr euch mal überlegt, einfach zu adoptieren?“
Falls du gerade mit den Augen rollst oder dir innerlich denkst „Oh Gott, ja, genau diese Sätze!“, dann bist du hier ganz richtig.
Heute möchte ich über all die Kommentare sprechen, die wir im Kinderwunsch ständig zu hören bekommen – und warum es völlig okay ist, wenn du dich darüber ärgerst, auch wenn das alles immer ja nur „gut gemeint“ ist.
Dieser Artikel ist für dich, wenn du grade mitten im Kinderwunsch steckst und die Sätze von den anderen nicht mehr hören kannst. Dieser Artikel ist aber auch für euch, wenn ihr Freunde, Familie oder Bekannte habt, die im Kinderwunsch sind und ihr nicht genau wisst, wie ihr mit ihnen umgehen sollt – oder ihr euch auch schonmal dabei ertappt habt, wie ihr solche Sätze wie oben gesagt habt.
Und eins vorweg: Ich weiß, dass es alle im Prinzip nur gut meinen und sich wünschen, dass wir nicht in der Situation sind in der wir sind. Ich weiß, dass ihr nur das beste für uns wollt und hofft, mit dem was ihr sagt, eine Unterstützung zu sein.
Das hier soll kein “an den Pranger stellen” werden, sondern einfach nur ein kleines bisschen zur Aufklärung beitragen.

Wenn jeder eine Meinung hat
Manchmal muss ich schon fast drüber lachen: kaum ein anderes Thema veranlasst Menschen so sehr dazu, ungefragt Ratschläge zu geben oder ihre Meinung kundzutun wie der Kinderwunsch (oder dann später die Schwangerschaft!).
Plötzlich werden aus Arbeitskolleginnen Reproduktionsexpertinnen, aus Bekannten Therapeutinnen und aus der Nachbarin eine Heilpraktikerin. Alle haben sie DEN einen Tipp, DAS eine Wundermittel oder DIE eine Geschichte, die Mut machen soll oder “garantiert” zum Erfolg führt! Du hörst nicht drauf? Tja, selbst Schuld, dass du noch kinderlos bist!
Und ja ich weiß, alle Mutmachgeschichten und Erfolgsgarantien sind nur dazu gedacht, uns vielleicht zu einer Lösung zu bringen, die wir selbst noch nicht entdeckt haben. Weil, wer will sich schon wegen unterlassener Hilfeleistung schuldig fühlen? Die Menschen in unserem Umfeld machen sich Gedanken um uns und zeigen uns das eben unter anderem auf diese Weise. Nur leider führt das nach meiner Erfahrung nur in den seltensten Fällen zu einem wirklichen Trost oder dass es wirklich Mut macht. Meistens führt es doch dazu, dass man frustriert ist oder sogar verletzt.
Der unerfüllte Kinderwunsch ist absolut komplex, ganz individuell und hoch emotional. Hier gibt es keine “One-Size-Fits-All”-Lösung, keine schnelle Antwort auf große Probleme und auch ganz sicher keine Lösung die mit “Du musst nur …” anfängt! Was bei der einen Familie funktioniert hat, muss bei einer anderen Familie nicht automatisch zum Erfolg führen. Was für andere kein Problem ist, kann für mich aber ein riesiges Thema sein. Was ermutigend oder tröstend gemeint ist, kann sich leider auch ganz schnell anfühlen, wie ein Schlag ins Gesicht.
Der unerfüllte Kinderwunsch macht uns zu individuellen Expertinnen. Selten sitzt doch jemand zu Hause mit einem dringenden Wunsch, der nicht in Erfüllung geht, mit einem Problem, was Monat um Monat fortbesteht und kümmert sich nicht darum, oder? Wir haben alle Google von oben bis unten durchgelesen, ChatGPT Löcher in den imaginären Bauch gefragt und uns die Augen durch irgendwelche Foren eckig gelesen. Wir haben schon von vielem gehört, sind meistens bestens informiert und die Wahrscheinlichkeit, dass ihr DEN EINEN Hack habt, von dem wir noch nie was gehört haben, ist relativ gering, falls ihr nicht das selbe durchgemacht habt, wie wir.
Die Hall of Fame der unangemessenen Kommentare
Auf meiner eigenen Reise sind mir auch schon die einen oder anderen Kommentare, Sätze oder Ratschläge über den Weg gelaufen, die manchmal schwierig für mich waren. Auch hier: ich weiß, alle sind gut gemeint. Jeder Mensch, der sowas zu mir gesagt hat, liebt mich und uns und will nur unser Glück. Deswegen habe ich auch nie sauer, böse oder genervt reagiert (hoffe ich). Aber trotzdem habe ich mir gewünscht, dass es einfach ein bisschen mehr Aufklärung gibt, weil ich das Gefühl habe, dass der Kinderwunsch so oft im Privaten, im Verborgenen passiert, dass die Gesellschaft im Gesamten gar nicht erprobt darin ist, wie man sich adäquat mit “Betroffenen” verhält.
Also ist das hier mein Beitrag dazu, darüber aufzuklären, dass es einen Unterschied macht, ob man grade dabei ist, schwanger zu werden und ein Kind zu bekommen oder ob man sich überlegt, einen Hund zuzulegen.
Hier ist für dich also meine persönliche Top-6. Aus meiner Lebensrealität heraus in der “Regenbogen-Edition”, aber vielleicht denkst du ja bei dem einen oder anderen Satz “Ohja, den hab ich auch schon gehört”! Mach doch nebenbei mal eine Strichliste und schreib mir am Ende eine E-Mail, wie viele Sätze zu wiedererkannt hast!
„Du darfst dich nicht so stressen! Bleib einfach entspannt!“
DER Klassiker, oder? Als ob es nichts einfacheres gäbe, als sich auf die Sonnenliege zu legen, sich totaaaal zu entspannen und zu denken “Jo, mein Baby kommt schon. Irgendwie. Irgendwann. Ich bleib einfach voll entspannt.”
Versteh mich jetzt nicht falsch: Ein reguliertes Nervensystem ist absolut unterstützend für die Fruchtbarkeit (auf beiden Seiten!) und den Kinderwunsch. Und es ist wichtig, das im Blick zu behalten. Aber ist es “einfach”, sich keine Gedanken mehr darum zu machen, ob es wohl diesen Zyklus klappt? Ist es “einfach”, die Angst abzuschütteln “Was ist, wenn es nie klappt?”. Ist es “einfach” jeden Monat auf’s Neue seine Periode begrüßen und wieder eine Hoffnung begraben zu müssen? I don’t think so. Und natürlich rutscht man so immer weiter ins Rabbit Hole und überlegt “Was kann ich noch tun? Was kann ich noch ändern?”. Hier die Balance zu finden zwischen “Ich gestalte sinnvolle Anpassungen in meinem Leben” und “Ich werde zum Oberkontroletti” ist wirklich nicht einfach. Und die Balance ist trotzdem der Schlüssel – hier sollten wir bestmöglich alle hinkommen. Zu einer Ausgeglichenheit, zu einer Sanftheit, zu einem sinnvollen Umgang mit möglichen Optimierungen
Aber trust me: Wenn ihr mir sagt “Du darfst dich nicht so stressen!” hilft mir das genau genommen gar nichts. Sogar eher im Gegenteil: Es sagt mir indirekt, dass ich schon wieder etwas falsch mache, dass ich immer noch nicht genug bin. Und hier beißt sich die Ratte in den Schwanz.
“Vielleicht soll es einfach nicht sein.”
Es gibt kaum einen Satz, der mehr Mut macht als dieser, oder? (Ironie off)
“Vielleicht sieht euer Lebensplan etwas anderes vor?”, “Vielleicht hat das Schicksal einen anderen Plan mit euch?” – Vielleicht ist das aber genau NICHT das, was man hören möchte oder was man überhaupt in sein eigenes Feld lassen möchte, wenn man grade keinen sehnlicheren Wunsch hat als ENDLICH schwanger zu werden!
Ab wann ist diese goldene Grenze erreicht, an der man sagt “So, jetzt gebe ich auf, jetzt hören wir auf, es zu versuchen, vielleicht soll es nicht sein!” ? Nach sechs Monaten? Nach einem Jahr? Nach vier Jahren? Und wer schreibt das vor? Ab wann ist es angebracht, das Thema von “mit dem Kinderwunsch abschließen” in das Feld einer anderen Person zu tragen? Würde man sowas in anderen Lebensbereichen auch sagen oder vorschlagen? Wenn ein Mann in seinem Unternehmen sagen wir seit einem Jahr daran arbeitet, eine Beförderung zu bekommen – würde man dann auch sagen “Vielleicht soll es einfach nicht sein”, wenn es sich nach diesem Jahr noch nicht eingestellt hat? Oder staunt man dann eher über seine bisherigen Fortschritte, die er trotzdem gemacht hat, über sein Durchhaltevermögen und seinen Ehrgeiz, dass er trotzdem weiter macht, dass er jeden Tag auf’s Neue sein Bestes gibt und sich nicht abwimmelt lässt?
Ich würde mir auch beim Kinderwunsch wünschen, dass wir mehr dafür gesehen werden, was wir leisten, wie wir uns bemühen, was wir alles schaffen. Und nicht nur auf das reduziert werden, was (noch) nicht funktioniert hat und dafür dann auch noch entmutigt werden.
„Wenigstens weißt du, dass du schwanger werden kannst!“
Zugegeben, diesen Satz hört man nur, wenn man schonmal schwanger war. In meinem Fall allerdings, ohne lebendes Baby am Ende der Schwangerschaft. Deswegen ist der Satz auch nur so halb tröstend.
Natürlich bin ich schon auch froh, dass ich erleben durfte, dass meine Gebärmutter prinzipiell in der Lage dazu ist, einer befruchteten Eizelle ein Zuhause zu geben. Und ich bin auch froh, dass ich mal die kurze Erfahrung machen durfte und jetzt weiß, wie es sich bei MIR anfühlt, schwanger zu sein. Dennoch ist es nur ein schwacher Trost und gibt mir eben auch keine Garantie dafür, wirklich irgendwann ein lebendes Kind in meinen Armen halten zu können.
So ein Satz relativiert die Erfahrung und deutet für mich eher an, dass ich jetzt “nur nicht zu doll trauern” darf.
Es ist die eine Sache, ob ich diesen Satz selbst denke oder wir innerhalb unserer Partnerschaft darüber reden. Natürlich reflektieren wir. Natürlich wollen wir den Kopf nicht in den Sand stecken. Natürlich sind wir immer auf der Suche nach wenigstens ein bisschen Hoffnung und Positivität, sonst würden wir das wahrscheinlich gar nicht alles so durchstehen.
Aber von Außen wünsche ich mir Mitgefühl statt der Relativierung meiner Gefühle und Erfahrungen.
„Habt ihr euch schonmal überlegt, zu adoptieren?“
Autsch. Ich schätze, dieser Satz trifft mich jedes Mal von allen am meisten. Irgendwie löst die Frage in mir aus: “Hey, anscheinend bist du ja nicht in der Lage dazu. Dein Körper versagt. Wenn ihr ein Kind wollt, müsst ihr das wohl woanders herkriegen.”
Und zwischen Schmerz und der Bestätigung der eigenen Selbstzweifel mischt sich hier auch ein ziemlich großer Teil von Selbstverteidigung ein.
Ja, mein Körper hat vielleicht geschwächelt.
Ja, mein Körper braucht hier und da noch ein bisschen Unterstützung.
Ja, mein Körper ist ein bisschen (vielleicht auch ein bisschen doll) in Mitleidenschaft gezogen worden.
ABER ich weiß, dass mein Körper das schafft. Dass er noch eine Chance verdient hat. Dass er, mit der richtigen Unterstützung, absolut in der Lage dazu ist, ein gesundes Baby in sich wachsen zu lassen.
Auch wenn ihr vielleicht meinen Körper aufgebt, für mich ist das keine Option. Ich vertraue meinem Körper und weiß, dass wir das noch schaffen.
Und außerdem: Wer hat das Gerücht in die Welt gesetzt, dass adoptieren “einfach” sei? Mal davon abgesehen, dass ich in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebe und wir auch von offiziellen Institutionen wie dem Jugendamt immer noch teilweise diskriminiert werden, ist eine Adoption für die Familie, für die Eltern, für die Kinder eine mega Herausforderung. Der Prozess ist langwierig. Man weiß vorher nie, welche Päckchen das Kind schon alles mitbringt und wie sich dadurch die Familiendynamik gestalten wird. Es werden auch gar nicht so viele Kinder zur Adoption freigegeben, viel öfter werden Pflegefamilien gesucht. Und von den emotionalen und psychologischen Herausforderungen für alle Beteiligten will ich erst gar nicht anfangen.
UND DANN setzt die Bereitschaft zur Adoption außerdem voraus, dass sich das Paar davon verabschiedet hat, ein biologisches Kind zu bekommen. Wer denkt, dass das “einfach” ist?
Es geht nicht immer nur darum “(irgend)ein Kind” zu bekommen. Manchmal geht es auch darum, seine Nase in einem anderen Gesicht zu sehen. Oder seine Locken auf einem anderen Kopf mit einer Spange zu bändigen. Manchmal geht es darum, den ersten Herzschlag mit eigenen Augen auf einem Bildschirm zu sehen. Oder die Füße von DIESEM einen Kind gegen die eigene Bauchdecke treten zu spüren. Manchmal geht es darum, wie sich eine Grenzerfahrung wie die Geburt ganz persönlich anfühlt.
Es geht nicht nur darum ein Kind zu bekommen. Es geht um all die Erfahrungen, um all die Träume und Wünsche, um die Vorstellung von der eigenen Familie und vom eigenen Leben.
Es ist wertvoll, dass wir in einer Zeit Leben, in der es viele Wege gibt, zu einer Familie zu werden. Es ist großartig, dass es die Option der Adoption gibt und dass es Menschen gibt, die Kinder in Not adoptieren oder als Pflegekinder aufnehmen. Das ist wichtig, wertvoll und verdient den höchsten Respekt.
Doch einem Paar, das grade versucht, schwanger zu werden oder gar bereits Schwangerschaften verloren hat, zu sagen, sie sollen doch “einfach adoptieren” ist unsensibel und wahrscheinlich meistens wenig durchdacht.
Ich weiß, ihr meint es nur gut und möchtet uns den Druck von unseren Schultern nehmen. Aber schlagt bitte keine Adoption mehr vor.
„Und warum wird deine Frau nicht einfach schwanger, wenn es bei dir nicht klappt?“
Nunja. Was soll ich dazu sagen. Aua.
Hier überschneidet sich vieles von dem was ich zur Adoption geschrieben habe.
Und davon mal abgesehen gilt: Nur weil ein Mensch eine Gebärmutter hat, muss der Mensch nicht automatisch auch schwanger sein und gebären wollen.
Das ist eine ganz persönliche und intime Entscheidung: Möchte ich Kinder? Möchte ich schwanger sein? Möchte ich eine Geburt erleben?
Dass Frauen sich immer noch dafür rechtfertigen müssen, ob, wann und wie sie Kinder bekommen ist sowieso ein Unding.
Und als Frauenpaar heißt es demnach nicht automatisch: “Klasse, zwei Uteri, dann kann man ja ganz easy switchen sollte es Schwierigkeiten geben!”
Für die eine wäre es vielleicht ein Weltuntergang, wenn sie schwanger werden würde. Für die andere wäre es vielleicht ein Weltuntergang, wenn sie niemals schwanger sein dürfte.
Also nein. Meine Frau wird nicht “einfach schwanger”. Ihr könnt euch sicher sein, dass wir alles gut überlegt und unsere Gründe haben, warum wir die Dinge machen, wie wir sie machen.
“Wechselt doch einfach den Spender, vielleicht liegt’s an ihm!”
Hier möchte ich einmal anrechnen, dass das Bewusstsein schonmal da ist, dass es nicht immer nur und ausschließlich an der Frau liegt, wenn sie nicht schwanger wird oder eine Schwangerschaft bzw. ein Baby verliert.
Es kann nämlich natürlich auch eine Ursache beim Mann haben. Es kann auch eine Kombination aus beiden sein, klar.
Von daher, kann ich den Gedanken schon nachvollziehen und finde es auch nett, dass der Frau damit auch nochmal klar gemacht wird: “Ich glaube nicht, dass du Schuld bist.”
Ich denke, hier ist es manchmal noch schwierig, die Familienkonstellationen in sogenannten “Regenbogenfamilien” nachzuvollziehen. Wir sind zwei Frauen. Wir brauchen einen Mann mit Samen. Fertig. Oder?
Jede Regenbogenfamilie sieht anders aus – deswegen sind wir ja so bunt.
Ich kenne aber kein Frauenpaar, das sich “einfach irgendwelche” Samen gesucht hat. Hinter der Entscheidung für oder gegen einen Samenspender liegt immer ein längerer Prozess, ob der Samen von einer Samenbank kommt oder von einem privaten Spender ist dabei erstmal egal. Bei einem privaten Spender ist die Überlegung und der Entscheidungfindungsprozess meistens jedoch noch etwas intensiver. Je nach Modell und der Rolle, die der Samenspender nach der Geburt des Kindes einnehmen soll, geht es hier manchmal eben nicht NUR um den Samen, sondern ebenfalls wieder um Wünsche und Vorstellungen der Familie, die am Ende dabei herauskommen soll. Bindet man den Spender in der sogenannten “Onkelfunktion” ein oder entscheidet man sich gar für ein Co-Parenting, bei dem der Spender eben auch eine Vaterrolle einnimmt, dann liegt wahrscheinlich schnell auf der Hand, dass das dann nicht so “einfach” ist, sich einen neuen Spender zu suchen. Frauen in einer heterosexuellen Beziehung bekommen ja (hoffentlich!) auch nicht den Vorschlag unterbreitet, sich “einfach” einen neuen Mann oder sich “einfach” einen Samenspender zu suchen.
Regenbogenfamilien mögen speziell sein und dehnen unser bekanntes Bild von Familie, aber jede Rolle in dieser Familie ist bewusst und mit Liebe gewählt. Immer mit dem Bestreben, das Beste für das Kind zu tun.
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht
All diese gut gemeinten Sätze, Ratschläge und Fragen, haben insgesamt etwas gemeinsam: sie sind einerseits Ausdruck von Liebe, Zuneigung und Sorge – das weiß ich. Aber gleichzeitig verharmlosen und bewerten sie und sorgen dafür, dass wir uns in unserer schwierigen Situation nicht gesehen und alleine fühlen.
Ich verstehe, dass man oft nicht genau weiß, was man sagen soll, vor allem wenn man selbst nie in der speziellen Situation war. Und ich weiß, dass man dann versucht irgendwie das Beste draus zu machen und versucht, irgendwas Hilfreiches zu sagen. Manchmal geht das aber eben nach hinten los.
Was ihr stattdessen sagen könnt
Deshalb habe ich hier für alle, die gerne bessere Worte im Umgang mit Kinderwunschpaaren finden wollen, ein paar Vorschläge zusammengetragen. Diese Sätze zeigen Anteilnahme, geben Raum, spiegeln Anerkennung und Wertschätzung wieder. Ganz oft braucht es nicht mehr.
- “Ich bewundere dein Durchhaltevermögen, das muss bestimmt schwierig sein.”
- “Falls du reden möchtest oder dich einfach nur mal ausheulen willst – ich bin da.”
- “Euer Verlust tut mir leid! Es ist nicht deine Schuld, das ist einfach unfair & alle Gefühle sind jetzt okay.”
- “Ihr seid schon so weit gekommen, ihr werdet noch den richtigen Schlüssel für euren Weg finden. Ich bin für euch da, wenn ihr was braucht.”
- “Jeder Weg ist anders und so individuell. Auch wenn es schwer fällt, verliere nicht den Mut. Ich bin da für dich.”
- “Du bist so tapfer! Du machst das großartig.”
- “Wow, ihr seid so stark. Ich bin mir sicher, euer Kind merkt jetzt schon, wie sehr es von euch geliebt wird.”
Das sind natürlich nur einige Beispiele und Anregungen.
Und du kannst auch einfach offen ansprechen, dass dich die Situation ebenfalls überfordert und du gar nicht so genau weißt, was du sagen sollst. Das ist völlig okay.
Und manchmal ist es auch einfach gar nicht nötig überhaupt etwas zu sagen.
Da sein, präsent sein, der Person wirklich zuhören und ihr den Raum geben – ohne sich selbst den Druck zu machen, für die schwierige, komplexe Situation der anderen jetzt direkt eine Lösung finden zu müssen. Das erleichtert euch den Moment, weil sowas ja gar nicht von euch verlangt wird und ja auch realistisch betrachtet kaum möglich ist. Und andererseits erleichtert es mir den Moment, weil ich einfach nur mal einen Raum für meine Gefühle brauche und nicht gegen den 472478. Vorschlag argumentieren möchte, warum das oder das nicht in Frage kommt oder dass wir uns über XY auch schon ausführlich Gedanken gemacht haben.
Befreit euch von der Last, immer direkt eine Lösung haben oder die Person immer gleich aus den schweren Gefühlen holen zu müssen. So oft ist es einfach nur notwendig, das gemeinsam (auszu)halten, da zu sein, den Raum zu geben. Das kann manchmal schon schwierig genug sein.
Mitgefühl statt Ratschläge
Mein Ziel mit diesem Artikel ist es, aufzuklären und Menschen, die nie selbst in der Situation waren jetzt aber mit Personen im Kinderwunsch in Kontakt sind, den Druck zu nehmen, die Situation irgendwie retten oder besser machen zu müssen.
Ich möchte auf keinen Fall, dass ihr jetzt Angst habt, überhaupt noch was zu sagen. Es ist so wichtig, dass ihr da seid. Und es ist absolut wichtig, dass das Thema nicht totgeschwiegen wird, sondern einen angemessenen Raum bekommt. Es ist dafür aber wichtig, dass wir signalisiert bekommen, dass der Raum sicher ist und wir uns nicht wieder gegen den nächsten “gut durchdachten” Vorschlag oder Kommentar wehren müssen. Der Kinderwunsch zieht schon genug Energie und Ressourcen. Manchmal kommt es dann vor, dass man sich lieber zurückzieht und einigelt als sich auch noch den Ratschlägen und Sprüchen von den anderen stellen zu müssen.
Der Kinderwunsch ist häufig sowieso schon eine einsame Zeit – eben weil so wenig darüber gesprochen wird und man sich ganz oft sehr alleine fühlt.
Wenn ihr also liebe Menschen in eurem Umfeld habt, die grade auf ihrer Kinderwunschreise sind, dann habt keine Scheu davor, zu fragen, wie es ihnen geht. Und ihnen einfach nur ein Ohr und eine Schulter zu leihen. Mehr braucht es nicht.
Du bist nicht allein
Und falls du grade selbst im Kinderwunsch bist und dich in meinen Worten wiedergefunden hast, möchte ich dir hier noch einmal ganz explizit sagen: Du bist nicht allein! ♡
Auch wenn kaum einer darüber spricht, wir sind viele, da bin ich mir sicher.
Und du bist auch nicht zu “overdramatic”, wenn du dich schon über ungefragte Ratschläge und unangemessene Kommentare geärgert hast, auch wenn “das doch nur gut gemeint war” und dich die Menschen lieben. Der Kinderwunsch ist sehr intim, sehr sensibel und bringt uns oft genug an unsere Grenzen. Da ist es nicht verwunderlich, dass schon ein falsches Wort großes anrichten kann.
Du darfst dich schützen, du darfst dich abgrenzen, du darfst Gespräche abbrechen oder Treffen beenden. Du darfst auf deine emotionale Gesundheit achten und musst nichts aushalten, nur um jemand anderen nicht vor den Kopf zu stoßen. Du trägst schon so viel – du musst nicht noch die Verantwortung für die anderen tragen.
Und ich bin mir sicher, dass die Menschen, denen du wichtig bist, das verstehen werden, wenn du deine Grenzen setzt und ihnen sagst, was du brauchst.
Du leistest schon so viel.
Pass gut auf dich auf. ♡
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