Mama + Mama = Baby ♡

Das “natürlichste Wunder” der Welt – Zwischen Diskriminierung und Gleichberechtigung

Ein Kind zu bekommen, ein Baby in sich zu tragen, einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand zu halten – all das sind Dinge, die ich mir immer voller Freude, Leichtigkeit und Liebe für mich vorgestellt habe. Mir war zwar bewusst, dass das nicht für alle so einfach funktioniert – aber bei den Frauen, bei denen es schwieriger ist, gab es ja vorher schon “Probleme” – oder? Tja, ich habe festgestellt, dass das wohl doch nicht ganz so einfach ist. 


Was ich wusste – Und was nicht

Ich wusste schon früh, dass ich eines Tages Mama sein werde. Und dass mich das mit purem Glück erfüllen wird. Ich wusste, dass das die grenzenlose Liebe in mir um ein vielfaches Vergrößern wird. Und ich habe mich schon so viele Jahre auf diese bedeutende Veränderung in meinem Leben gefreut. 

Was ich damals nicht wusste ist, dass ich mich Hals über Kopf in eine Frau verlieben werde. Dass ich mit dieser Frau das glücklichste Leben auf Erden leben werde. Dass sich meine Liebe mit dieser Frau nur noch mehr und in unvorstellbare Dimensionen ausdehnt. Dass ich diese Frau einmal heiraten werde. Und dass ich mir nichts schöneres vorstellen kann, als mit dieser Frau Eltern zu werden.

Was ich ebenfalls nicht wusste ist, dass der Weg zum Mama(s)-werden damit nicht ganz so einfach sein wird, wie ich mir das vor so vielen Jahren vorgestellt habe. 

Vom Privileg zum Schmerz

Es ist ein Privileg, dass wir in einem Land und in einem Jahr leben, in dem es grundsätzlich möglich ist, als Frauenpaar ein biologisches Kind zu bekommen. Das ist nicht selbstverständlich, denn dafür haben so viele Menschen vor uns hart gekämpft. Und ich bin jeden Tag sehr dankbar dafür, dass ich meine Frau so richtig und “in echt” heiraten durfte und wir jetzt in einer medizinischen Einrichtung die Unterstützung bekommen, die wir benötigen. Und ich ärgere mich jeden Tag darüber, dass ich überhaupt dafür dankbar sein muss, weil es eben nicht so selbstverständlich ist. 

Mir ist durchaus bewusst, dass ich “nicht so viel meckern” darf, weil ja nunmal klar ist, dass zwei Frauen nicht “einfach so” ein Baby machen können. Das ist biologisch so nicht vorgesehen und ohne die Unterstützung von mindestens einer weiteren Person wird das nichts – Das ist klar.

Mit diesem Artikel möchte ich mich auch nicht beschweren. Ich bin dankbar für die Möglichkeiten, die wir haben. 

Mit diesem Artikel möchte ich aber ein Bewusstsein dafür fördern, dass es Frauen und Paare da draußen gibt, die eine schwierige, komplizierte, aufregende, emotionale, aufwühlende, schmerzhafte, chaotische, teure, nervenaufreibende, an die Grenzen bringende Zeit voller Sorgen, Hoffnung, Vorfreude, Zweifel, Ängste, Freude, Enttäuschung und Unsicherheit verbringen (müssen), um sich den Wunsch zu erfüllen, irgendwann ihr schlafendes Baby auf ihrer Brust atmen zu hören. 

Ich lasse gehen und kaufe ein

Als irgendwann klar wurde, dass es mit meiner Frau wirklich ernst ist und wir anfingen, Pläne für ein gemeinsames Leben zu schmieden, fing gleichzeitig ein Stein des Loslassens an zu rollen. Es war ein Prozess, in dem ich den Gedanken loslassen musste, eines Tages aufzuwachen und zu bemerken, dass meine Periode überfällig ist. Ich musste die Vorstellung gehen lassen, voller vorfreudiger Hoffnung, einen Schwangerschaftstest durchzuführen, um dann festzustellen, dass ich “ungeplant schwanger” geworden bin. Ich musste die romantische Idee verabschieden, dass unser Baby während einer Nacht voller Liebe, Leidenschaft, Glück und Leichtigkeit entstanden ist. Ich musste den Wunsch gehen lassen, dass die Kinder- und Familienplanung nur eine Sache zwischen meiner großen Liebe und mir ist und wir dieses Geheimnis so lange hüten dürfen, bis wir sicher sind, es jetzt der Welt kundtun zu wollen. 

All diese unschuldigen, liebevollen, leichten und intimen Vorstellungen vom “Kinder kriegen” musste ich gehen lassen. Und das ist okay. Ich habe mich in meine Frau verliebt und habe mich für ein Leben mit ihr entschieden. Und ich würde mich immer wieder genau so entscheiden. Denn diese Frau macht mich zum glücklichsten Menschen in diesem Universum und ich führe mit ihr die schönste Beziehung, die ich kenne. 

Was ich neben diesem Glück und dieser Liebe außerdem eingekauft habe, war das Wissen, dass es für uns keinen “einfachen” Weg zu einem Baby gibt. Dass wir uns Antworten auf Fragen überlegen müssen, die ich in einer heterosexuellen Beziehung niemals gehört hätte. Dass wir unsere Familie ständig verteidigen müssen. Dass wir uns immer wieder rechtfertigen müssen. Dass wir viel Geld sparen müssen, um überhaupt erst ein Baby “machen” zu können. Das wir mehr Menschen in unsere Planung einweihen müssen, als uns vielleicht eigentlich lieb ist. Dass wir über mehr intime Details mit Menschen reden müssen, als wir eigentlich wollten. Dass “Baby machen” für uns unter anderem mit Druck, Anspannung, Zukunftsängsten, finanziellen Engpässen, Unsicherheiten im Job, angeschlagener mentaler Gesundheit, medizinischer Behandlungen und großer körperlicher und emotionaler Anstrengung verbunden ist. Dass wir uns mit Gesetzen und rechtlichen Regelungen auseinandersetzen müssen, um hier für uns den “sichersten” Weg zu finden. Dass wir uns jetzt schon überlegen müssen, was wir unserem Kind einmal erzählen werden, wie es entstanden ist und warum wir uns für die eine und nicht die andere Variante entschieden haben. Dass wir nicht wissen, ob das die richtige Entscheidung war oder unser Kind uns einmal Vorwürfe macht. Dass immer noch unklar ist, ob meine Frau von der Öffentlichkeit als Mutter akzeptiert wird und ebenfalls ihren rechtmäßigen Platz in der Geburtsurkunde unseres Kindes bekommt. Dass wir nicht wissen, ob wir immer noch vom Jugendamt gescannt und beurteilt werden müssen, ob meine Frau auch offiziell Mutter “sein darf”. Dass wir an unserem Familienkonstrukt nichts ändern würden – egal was ein Jugendamt entscheidet. Dass unser Kind rechtlich nicht abgesichert ist und keine zwei Elternteile hat, solange die deutsche Bundesregierung nicht endlich das verdammte Abstammungsgesetz ändert. Oder meine Frau UNSER Kind adoptiert hat. Dass wir auch für diesen Prozess wieder Geld, Zeit und Nerven zur Verfügung haben müssen. Dass wir in einem System und in einer Gesellschaft leben, die uns all diese Bürden auferlegt und die Leichtigkeit, die da sein könnte, nimmt. 

Dieser Schmerz schwimmt in den meisten Momenten unter der Oberfläche, doch in manchen Momenten ist er schier überbordend.

Siehst Du mich? Siehst du uns?

Für mich ist die Schwangerschaft trotz allem ein kostbares Gut und ein großes Privileg.
Und ich wünsche mir, dass wir Frauen für unseren Schmerz, unsere Hingabe, unser Wirken, unsere Leistung und unseren Kampf mehr gesehen werden.

Egal wie unsere Familie aussieht. 



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